Juni | Wie im Yoga so im Garten. Namaste नमस्ते.

Manchmal rolle ich früh am Morgen im Garten die Matte aus. Yoga im Garten, klar. Aber auch im Garten ist Yoga. 

Ishvara Pranidhana ist Teil der Niyamas, der zweiten Stufe des achtgliedrigen Yoga-Pfades. Diesen hat Patanjali vor über 2000 Jahren im Yogasutra, einer Art Yoga-Leitfaden bestehend aus 195 Sanskrit-Versen, beschrieben.

Ishvara Pranidhana meint, sich nicht einer äußeren Macht hilflos ausgeliefert zu fühlen, sondern über Hingabe wieder Vertrauen in den Fluss des Lebens zu finden. Mit dieser Sichtweise hat Yoga etwas mit Gärtnern gemeinsam. Als Gärtner jäten wir Unkraut, setzen Samen und wässern und pflegen unsere Planzen. Wir selbst können sie dabei nicht wirklich zum Blühen bringen, und das Gras wächst auch nicht schneller, wenn wir daran ziehen. Als Gärtner können wir aber die optimalen Bedingungen und Umstände schaffen, dass dies geschehen kann. Im Yoga ist es ähnlich. Es ist nicht so, dass wir urplötzlich unsere Hüften öffnen oder die Kobra direkt ausführen können. Aber es ist uns möglich, durch eine regelmässige Praxis, Veränderungen wahrzunehmen und uns dem Ergebnis hinzugeben.

„Surrender is the simple but profound wisdom of yielding to rather than opposing the flow of life.“ – E. Tolle

Im Garten ist es manchmal wie im Yoga und wie auch sonst so oft im Leben. Eine gewisse Gelassenheit und die Fähigkeit zum Annehmen und Akzeptieren (die man in der Yoga-Praxis wunderbar üben kann) kann einen Tragen. So kann man sich bei jedem Gartenbesuch auf’s Neue theoretisch lang und breit darüber aufregen, dass jetzt dieses oder jenes Unkraut schon wieder wächst, obwohl man es gefühlt erst gestern an exakt dieser Stelle rausgezupft hat. Oder darüber, dass die gewünschte Pflanze an genau diesem Standort jetzt nicht so gut gedeiht. Und so weiter. Sicherlich ist das alles ein Prozess und Gelassenheit und Akzeptanz kann sich entwickeln. Die schönen Seiten dieser let it be- oder let it flow-Haltung helfen vielleicht dabei. Genug der Gartenphilosophie, was gibt es bei uns Schönes, das wir gerne annehmen und über das wir uns in Parzelle 22 freuen?

Diesen Pracht-Storchschnabel in wunderschöner blauer Blüte zum Beispiel. Auf einmal war er da – am Rande des neuen Kartoffelbeetes. Im Baumarkt kostet er in der Größe rund neun Euro.

Kürzlich entdeckt beziehungsweise final identifiziert: die schwarze Holzbiene. Leider gibt es noch kein Foto von ihr. Erst dachten wir, sie wäre ein riesiger schimmernder Käfer, dann dachten wir, dass eventuell die Jungtiere der Hornissen so aussehen. Groß und brummig und so. Eine kurze Recherche beim NABU ergab, dass die Holzbiene sich allmählich in Westeuropa ausbreitet und ursprünglich eher weiter südlich heimisch ist. Zwecks Klimawandel und daraus resultierender Trockenheit bei steigenden Temperaturen ist sie in den vergangenen Jahren vermehrt in unseren Breitengraden gesichtet worden. Sie lebt solitär, brummt also alleine vor sich hin und liebt Totholz. Na da haben wir doch was richtig gemacht mit unserem Haufen. Vielleicht jagt sie ja Moskitos?

Ebenfalls in die Kategorie „Hereingeweht“ fällt der Kalifornische Mohn, oder auch auch Goldmohn, Kalifornischer Kappenmohn oder Schlafmützchen genannt. Besonders niedlich: mit Sonnenuntergang klappt er sein Mätzchen zu und macht erst morgens mit dem Morgenlicht wieder auf.

Wenn man nicht 100%-ig festgelegt ist bei den Pflanzen, die im eigenen Garten wachsen sollen, eignet sich neben dem „freien Einfliegen lassen von Wiesen, Feldern und Nachbargärten“ auch das muntere Tauschen mit Freunden, Gartennachbar_innen und Arbeitskolleg_innen. So sind wir in den letzten Wochen an einen kleinen Pflaumenbaum und an drei Bambusstangen im Topf gekommen.

Der Pflaumenbaum war ein Sprössling im Garten einer Arbeitskollegin, den sie uns netterweise ausgegraben und angeboten hat. Der Bambus stammt aus dem Abrissprojekt im Nebenhaus in Berlin. Dort im Garten wuchs seit Jahren Bambus in beachtlicher Höhe (rund 4 Meter hoch), den die Besitzerin nun endlich austauschen wollte und zum selbst Ausgraben einlud. Neben Tausch & Co ist auch „Augen offen halten“ ein guter Begleiter. So finde ich in Parks, auf Wiesen und manchmal auch am Straßenrand oder auf einem Parkplatzstreifen tolle Pflanzen, von denen man sich einen kleinen Ableger nehmen kann oder im Spätsommer/ Herbst Samen absammeln kann. Wenn ich in Berlin unterwegs bin und mir eine Pflanze gefällt, kommt es öfter vor, dass ich mir den Standort merke und im Herbst für ein paar Samenkapseln nochmal vorbeikomme. Auch in den vielen Kleingartenanlagen lässt es sich wunderbar rumstromern und wenn man nett fragt, darf man sich immer eine kleine Samenkapsel der begehrten Pflanze abknipsen. Auch ohne massenhaft Euros auszugeben, lässt es sich also wunderbar einfach Gärtnern. Und viel netter als immer zu Kaufen ist es ohnehin.

Endlich gibt es in diesem Jahr mehr Niederschläge nach 2018 und ’19. Auch wenn die Temperaturen noch nicht wirklich ein Sommerhit sind, ist immerhin alles saftig grün. So auch der Lavendel. Er treibt super aus nachdem ich ihn zum ersten Mal nach Lehrbuch geschnitten habe (nach der sogenannten 1/3 -2/3- Methode). So bleibt der Lavendel viele Jahre „jung“ und behält seine kugelige Form. Schneidet man ihn nicht, besteht irgendwann die Gefahr, dass er in der Mitte quasi auseinander bricht. Aber zurück zum Profi-Schnitt: im Spätsommer bzw. Herbst nach der Blüte schneidet man dabei nur rund ein Drittel zurück, also gerade so das Verblühte. Im späten Frühjahr (Mai) schneidet man dann alle Triebe um 2/3 ihrer Länge zurück, wobei man NIE (!) ins tote Holz schneiden darf. Hier treibt der Lavendel nicht mehr aus und bekommt dann diese krikkeligen verholzten unansehnliche „Beinchen“. Überhaupt: ich mache demnächst mal einen Blog-Beitrag über das Schneiden an für sich.

Die andere Seite der Regenmedaille ist: Schneckenfraß im Hochbeet (sie machen sich vornehmlich über unseren Kohlrabi und den Salat her) und Kartoffelkäfer. Auf den Kartoffeln. In den buddhistischen Himmel der Reinheit lässt es sich in diesem Kontext dann leider nicht mehr aufsteigen. Die Maluspunkte auf dem Karmakonto schnellen in die Höhe.

Gegen Nacktschnecken helfen nur Bierfalle, Schere und Weitwurf über den Zaun in den Wald hinein. Wobei ich extra nachgelesen habe: damit die Nacktschnecke wirklich die Orientierung verliert und nicht mehr zu ihrem Ausgangspunkt (also dem Beet) zurückfindet, muss die Distanz 10m mindesten betreffen. Auch wenn das noch nicht an die olympische Disziplin im Speer- / Weit-/ Diskus- oder was auch immer -wurf heranreicht, habe ich da sportliche Nachteile gegenüber der Schnecke.

Das ist bitter. Aber wir Gärtner haben noch einen anderen Trumpf in diesem ungleichen und unerbitterten Kampf um zarte Salatblätter und Möhrengrün. Der Tigerschnegel. Das ist die gute Schnecke. Er sieht aus wie eine Nacktschnecke, aber ist gemustert wie ein Tiger. Dieser getigerte Gefährte frisst eben nicht das zarte Grün sonder mit Vorliebe Schneckeneier. Hat man ihn in seinem Garten entdeckt, sollte man ihn (bzw. sein „Rudel“) hegen und pflegen und an einen dunklen, eher feuchten Ort setzen. Zuerst entdeckt hatten wir ein Exemplar an der Seitenwand einer Regentonne im schattigen Bereich hinter der Laube. Weitere dann an der Wasserstelle und im Kompost. Jetzt haben wir 2-3 von ihnen ins Hochbeet umgesiedelt. Mögen sie dort viel Gutes tun.

Hier gibt’s noch ein paar weitere Infos:

https://www.mein-schoener-garten.de/gartenpraxis/pflanzenschutz/tigerschnegel-gegen-schneckenplage-im-garten-25036

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Und sonst so:

die gesteckten Annemonen kommen; die Vorzucht im MiniGewächshaus klappt super für Salat und Brokoli; wir ernten Erdbeeren 🍓 – aber was heißt hier ernten? .. gegessen wird direkt vom Strauch!

Wir haben ein zweites Kräuterbeet im Walderdbeerenbeet gestartet: und um überhaupt irgendwas zu erkennen, habe ich die rote Kringel ins Foto gemalt.

  • Links unten: Cola-Kraut (auch besser bekannt als eine Variante der Eberraute- riecht wirklich 100% ig nach Coke)
  • Mitte: Koriander – das erkennt man aber oder? 😉
  • Mitte/oben: Petersilie
  • Rechts: japanische Minze

Zucchini, Apfel, Erbsen, … Blumenwiese gedeihen wunderbar.

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Und so sieht’s gerade in Parzelle 22 aus:

(disclaimer: ich halte die Kamera übrigens nicht schief, der Garten ist wirklich so abschüssig – nicht umsonst sind wir am Berg)

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Blüte(n) des Tages: „Büschel-Glockenblume“…entweder auch hereingeweht oder aus der Blumenwiesenmischung …

… es ist Nelkenzeit! Bartnelken, Polsternelken, Federnelken (weiß)

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